The Whispering Star Kritik

The Whispering Star Kritik

Das Universum in ferner Zukunft: durch die rasanten technischen Entwicklungen, ist die Menschheit nahezu ausgestorben. Achtzig Prozent der Population machen nunmehr Roboter aus, unter ihnen auch der weibliche Android Yoko Suzuki (Megumi Kagurazaka), die als intergalaktische Botin die Sterne bereist, um den dort lebenden Menschen Päckchen zu überbringen. Diese hausen nur noch verstreut im All an den einsamsten Orten, die Inhalte der Päckchen sind aber Dinge, die sie an die Vergangenheit bzw. frühere menschliche Zivilisation und damit für sie bessere Zeiten erinnert: Fotos, Pappbecher, Zigarettenstummel, Kleidungsstücke. Für Yoko sind all diese Gegenstände bedeutungslos, sie empfindet nichts bei deren Anblick. Die meiste Zeit verbringt sie ohnehin nur in ihrem Raumschiff, um ihre Pakete zuzustellen, was oft Jahre dauert. Und so gleicht in ihrem einem Wohnhaus ähnelnden Schiff ein Tag dem anderen und sie versucht, die Eintönigkeit zu überstehen.

Der japanische Schauspieler und Regisseur Sion Sono wird für seine von ausdrucksstarker Poesie durchzogenen, avantgardistischen Kunst- und Experimentalfilme gleichermaßen gehasst wie geliebt. Seine Werke polarisieren seit jeher und mit seinen oft sperrigen Avantgarde-Filmen erreicht er häufig nur ein interessiertes Nischenpublikum abseits des Mainstreams. Dennoch gelten viele seiner Filme als experimentelle Meisterwerke, die mit Preisen überhäuft werden, so z.B. sein vierstündiger Monumental-Genre-Hybrid „Love Exposure“ von 2008.

Verstörend und unkonventionell wie viele seiner Arbeiten ist auch „The Whispering Star“, ein Science-Fiction-Film, dessen Hauptrolle Sono mit seiner Ehefrau Megumi Kagurazaka besetzte. Sono drehte seine Schwarz-Weiß-Dystopie über Einsamkeit, Leere und das Ende der zivilisierten Welt an einem Ort, der sich wohl wie kein Zweiter für einen Film mit diesen Themen eignet: in der Stadt Fukushima, die nach dem Reaktor-Unglück 2011 zu weiten Teilen zerstört wurde. Der Film feierte Premiere beim Toronto Film Festival 2015.

„The Whispering Star“ ist ein Film der Langsamkeit und des Minimalismus. Inhaltlich passiert nicht allzu viel, einen Großteil der Zeit verbringt der Zuschauer damit, die einzige Hauptfigur Yoko bei ihren immer gleichen, stupiden Alltagstätigkeiten zu beobachten. Nur ab und zu verlässt sie den angestammten Handlungsort, das Innere ihres Raumschiffes, um sich in unwirtlichen, verlassenen Landstrichen und in tristen Gegenden auf die Suche nach den Empfängern der Sendungen zu begeben. Sono besetzte übrigens diese immer nur kurz und vereinzelt auftretenden Personen mit Bewohnern Fukushimas. Er ging in kein Studio und ließ die trostlosen, unbevölkerten Orte als Kulisse nachbauen, nein: Sono ging an die Originalschauplätze und schuf so verstörende Bilder ausgestorbener Gebiete. Weiterhin ist optisch gelungen, dass sich die edlen Schwarz-Weiß-Bilder durch eine hohe Ästhetik und Plastizität auszeichnen.

Bei den Szenen innerhalb des Raumschiffs sind hingegen zumeist Ausdauer und Sitzfleisch gefragt. Minutenlang verbringt der interstellare Bote etwa damit, den Boden zu säubern oder den Wasserhahn zu reparieren. Yokos Alltag ist geprägt von langatmiger, stupider Gleichförmigkeit und Sono hat seine diebische Freude daran, diese monotonen Abläufe einzufangen, die Kamera statisch darauf zu richten und sie dem Kinobesucher in aller Ausführlich- und Deutlichkeit zu präsentieren. Was sich mitunter als fragwürdige Herangehensweise und einseitiges Inszenierungselement darstellen mag, kann andererseits als geschickter Schachzug Sonos gewertet werden, wenn man diese, auf Zelluloid gebannte Einförmigkeit von einer übergeordneten Sichtweise aus betrachtet.

Denn Sono will in erster Linie eines zeigen: die unterkühlte Emotionslosigkeit und den von Routine geprägten Alltag einer mit einer künstlichen Intelligenz ausgestatteten Maschine. Hier ist eben kein Mensch aus Fleisch und Blut, ausgestattet mit Gefühlen und Stimmungen, am Werk. Vielmehr eine auf absolute Gehorsamkeit und Pflichterfüllung programmierte technische Apparatur, die die meiste Zeit ihres Lebens monoton durch die unendlichen Weiten des Alls schwebt.

Fazit: Wie für den japanischen Regisseur Sion Sono typisch, wird er auch mit seinem minimalistischen Film „The Whispering Star“ wieder polarisieren. Obwohl inhaltlich nicht allzu passiert, fasziniert der Film mit seiner trostlosen Melancholie und der beklemmenden Stimmung der Drehorte.

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2 Kommentare

  1. Regisseur Sion Sono ist der König des erotisch-grotesken Nonsens, so schrieb es letztes eine große Zeitung. Und es stimmt… Deswegen werde ich mir auch diesen Film ansehen. DAs Problem: er läuft nur in wenigen, ganz ausgewählten Kinos. Und in Kleinstädten wie Ansbach schon mal gar nicht;(

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