Zwei Tage, eine Nacht Kritik

Zwei Tage eine NachtGerade einmal 48 Stunden bleiben der labilen Sandra (Marion Cotillard) Zeit, um ihre Arbeitsstelle nicht zu verlieren. Sie ist nach langer, schwerer Depression vor kurzem erst wieder einigermaßen gesund geworden, nun droht ihr und ihrem Mann der soziale Abstieg. Es sind jedoch nicht ihre Chefs, die darüber entscheiden, ob Sandra ihren Job behalten kann, sondern ihre Arbeitskollegen. Nur wenn Sandra es schafft, die Kollegen davon zu überzeugen, auf ihre jährliche 1000-Euro-Bonuszahlung zu verzichten, bleibt ihr die Kündigung erspart. Nachdem sie zu Beginn Zweifel hatte, überzeugt sie ihr Mann schließlich, es zu versuchen und alle Arbeitskollegen zu Hause aufzusuchen – in der Hoffnung, sie überzeugen zu können. Es beginnen zwei Tage voller Hoffen und Bangen, an deren Ende sich die Frage stellt: siegen Mitmenschlichkeit und Zusammenhalt über Egoismus und Eigennutz?

„Zwei Tage, eine Nacht“ ist ein weiteres intensives, der heutigen Realität und Arbeitswelt verbundenes Sozial-Drama, für die die belgischen Regie-Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne bekannt sind. Bereits zweimal konnten die Dardennes für ihre Filme die renommierte Goldene Palme von Cannes gewinnen, für ihre Dramen „Rosetta“ und „Das Kind“. Zumeist besetzen die Brüder die ihre Hauptrollen mit unbekannten Darstellern, das war diesmal anders. Für „Zwei Tage, eine Nacht“ konnten sie eine der derzeit gefragtesten Darstellerinnen Hollywoods gewinnen, die in den letzten Jahren in einigen der erfolgreichsten Blockbuster („Inception„, „The Dark Knight Rises„) mitwirkte: die Französin Marion Cotillard. Es ist vor allem ihrer darstellerischen Brillanz zu verdanken, dass „Zwei Tage, eine Nach“ zu den besten Dramen des Filmjahres 2014 gezählt werden muss.

Marion Cotillard spielt die Monate lang einer schweren Depression ausgesetzten, immer noch angeschlagene Sandra, die kurz vor ihrer Kündigung steht, wuchtig und einnehmend. Als Zuschauer fühlt man sofort mit ihr und hofft, dass sie ihre Kollegen überzeugen kann. Zuerst wehrt sie sich gegen diesen Spießrutenlauf, alle Personen persönlich zu Hause aufzusuchen. Doch es ist schließlich ihr Mann Manu (spielt ebenso leidenschaftlich: Fabrizio Rongione), der sie zu jeder Zeit unterstützt und sie dazu verleiten kann. Die Kamera zeigt Sandra immer wieder, wie sie Gedanken verloren im Bus sitzt, auf dem Weg zu den Personen, die über ihre Zukunft entscheiden. Das Hoffen und Bangen beginnt, bei Sandra und ihrem Mann – aber ebenso beim Zuschauer.

Es ist ein schwerer Weg, den Sandra beschreitet. Alle Arbeitskollegen reagieren unterschiedlich auf die Bitte von ihr, mal erfährt sie Zustimmung und Nächstenliebe, mal tiefe Ablehnung und sogar Hass („Schämst du dich nicht herzukommen und uns zu beklauen?“). „Zwei Tage, eine Nacht“ wirkt fast dokumentarisch und ist an Authentizität und Realismus kaum zu überbieten, wie es so oft bei den Dardennes der Fall ist. Ihr Drama zeigt einen kleinen Ausschnitt aus der realen Welt von ganz einfachen, grundständigen Personen (in diesem Fall: Sandra und ihren Mann) die nur eines wollen: über die Runden kommen, überleben und die Hypotheken für ihr Haus weiter abbezahlen. Der Film zeigt eindrucksvoll, was Kündigung und drohender sozialer Fall für diese Menschen bedeuten kann: den Verlust der gesamten Existenz.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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Ein Kommentar

  1. Zwei Tage, eine Nacht ist ein mit vorzüglicher Leistung der Dardenne-Brüder inszeniertes Drama. Ich habe die große Marion Cotillard noch nie größer erlebt.

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