Personal Shopper Kritik

Maureen (Kristen Stewart) arbeitet für die bekannte Modedesignerin Kyra (Nora von Waldstätten). Doch nicht als Model oder Schneiderin, sondern als sogenannter „Personal Shopper“. Ihr Arbeitsalltag besteht darin, dass sie für ihre arrogante Chefin regelmäßig auf große Shopping-Tour durch die Modemetropole Paris geht. Job und Chefin öden sie an, doch Maureen braucht das Geld. Insgeheim sieht sie ihre Begabung und Berufung ohnehin ganz woanders: im Paranormalen. Sie hält sich für eine Art Medium, das mit Toten kommunizieren kann. Und so wartet sie schon seit einiger Zeit darauf, dass sich ihr verstorbener Bruder mit ihr in Verbindung setzt. Eines Tages dann bekommt sie tatsächlich merkwürdige Textbotschaften auf ihr Handy. Ist es ihr Bruder? Im Laufe der Zeit steigert sich Maureen immer weiter in die Nachrichten hinein – und es dauert nicht lange, bis sich die ersten merkwürdigen und paranormalen Ereignisse in ihrem Umfeld häufen.

„Personal Shopper“ stammt vom französischen Regisseur Olivier Assayas, der 2004 mit seinem Drama „Clean“ (Hauptrollen: Nick Nolte und Maggie Cheung) international bekannt wurde. Sein letzter Film war „Die Wolken von Sils Maria“ (2014), ebenfalls ein Drama, bei dem er bereits mit Kristen Stewart zusammenarbeitete. Vor seiner Karriere als Filmemacher, war Assayas viele Jahre für die bekannte französische Filmzeitschrift „Cahiers du cinéma“ tätig. „Personal Shopper“ wurde Ende 2015 in Prag und London gedreht, die Weltpremiere fand im Mai 2016 beim Filmfest in Cannes statt. Das Budget für die in der Hochglanz-Fashion-Welt verortete Mischung aus Geisterfilm und Thriller, belief sich auf rund sechs Millionen US-Dollar.

„Personal Shopper“ wird von Anfang bis Ende von Hauptdarstellerin Kristen Stewart getragen. Auf glaubhafte, mitreißende Weise, legt sie ihre Figur – eine von der Existenz paranormaler Erscheinungen und Geisterwesen überzeugte Frau – gekonnt zwischen Manie und Lethargie an. Denn lethargisch und fast schon teilnahmslos, bewältigt sie ihren Alltag im von ihr so sehr verhassten Job als Personal Shopper. Sie selbst kann nichts anfangen mit der Oberflächlichkeit und der aufgesetzten Scheinwelt der Schönen und Reichen. In einer Szene des Films, äußert sie dies ihrem Freund gegenüber klar und deutlich: sie verbringe ihren Tag stets in irgendwelchen edlen Luxusboutiquen und tue belanglose Dinge, die sich nicht interessieren.

Bei der Darstellung des täglichen Treibens von Maureen, beweist Stewart zudem den Mut, sich auch mal – im wahrsten Sinne – „ungeschminkt“ zu zeigen. Die Tätigkeit und eigentlich ihr gesamter Alltag, sind derart eintönig und spaßbefreit, dass man Maureens seelischen Zustand an ihrem Äußeren ablesen kann: in Form von zerzausten Haaren, Augenringen und blasser Haut. Stewart spielt aber auch eine junge Frau, die mit dem Verlust des Zwillingsbruders nicht fertig wird. Eine von unfassbarer Trauer überwältigte Schwester, die ihr Heil an die Hoffnung klammert, der Bruder werde früher oder später schon Kontakt zu ihr aufnehmen.

Jedenfalls schöpft Maureen aus dieser Hoffnung Kraft. Und: Der Glaube an die Existenz des Übernatürlichen, bringt sie durch den Tag. Dieser übernatürliche Moment zeigt sich im Film in Form hochatmosphärischer, spannender Szenen auch auf der Leinwand. Etwa dann, wenn sich Maureen immer wieder in die alte Wohnung ihres an einem Herzleiden verstorbenen Bruders begibt. Es wird im Laufe des Films im Übrigen nicht die einzige fremde Wohnung sein, die Maureen verbotenerweise betritt.

Unheilvoll wird es erst Recht, als der weibliche „Personal Shopper“ (diesen Beruf gibt es in der Realität tatsächlich) eines Tages unerwartet eine Textnachricht von einem Unbekannten bekommt. Ab diesem Zeitpunkt wird es für den Zuschauer teils immer schwerer, das scheinbare Abgleiten einer sympathischen, attraktiven jungen Frau in den Wahnsinn, mit ansehen zu müssen. Oder nicht? Denn ein großer Reiz des Films liegt darin begründet, dass man als Zuschauer – ebenso wie die Hauptfigur selbst – oft nicht zwischen Wahn und Wirklichkeit, zwischen Traum und Realität, unterscheiden kann.

Ein bissiger Seitenhieb auf die banale, seichte Welt der Modefetischisten sowie Schönen und Reichen. Eine unterschwellig schwarzhumorige Satire auf die zunehmende Digitalisierung und unser gegenwärtiges Medienverhalten, das von immerwährenden Blicken aufs Smartphone und ständiger Erreichbarkeit geprägt ist. Ein stimmungsvolles Porträt einer psychisch labilen, leidenden Frau, die den Verlust eines geliebten Menschen nicht verkraften kann. Und schließlich ein spannender Geister- und Gruselfilm mit durchaus gelungenen Schock-Effekten und Schreckmomenten. Das alles ist „Personal Shopper“ – unglaublich, aber wahr. Dank Regisseur Assayas und der fabelhaften Kristen Stewart.

Fazit: Außergewöhnliche, atmosphärische Mischung aus Psycho-Drama, Gruselfilm und Mode-Satire. Der Film lebt von einer grandios aufspielenden Hauptdarstellerin und den vielen satirischen Seitenhieben, die – subtil und klug platziert – in das Werk eingewoben sind.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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