Logan – The Wolverine Kritik

Wir schreiben das Jahr 2029: die Welt ist nicht mehr wie sie war, vor allem für Mutanten. Nur noch sehr wenige von ihnen existieren. Einer von ihnen: Wolverine (Hugh Jackmann), dessen Selbstheilungskräfte stark nachgelassen haben und der in die Jahre gekommen ist. Er verdingt sich als Fahrer und kümmert sich nebenbei um den einst so mächtigen Charles „Professor X“ Xavier (Patrick Stewart). Dieser ist an Alzheimer erkrankt und wird immer wieder von schweren Anfällen heimgesucht. Unerwartet wird Wolverine von seiner Vergangenheit heimgesucht, als eine Fremde ihn bittet, sich um die junge Mutantin Laura (Dafne Keen) zu kümmern. Das Mädchen verfügt über dieselben Kräfte wie eins Wolverine, als er jünger, fitter und kräftiger war. Aber genau diese Fähigkeiten hätte er jetzt bitter nötig. Denn der kriminelle Unternehmer Nathaniel Essex (Richard E. Grant) hat bereits seinen ebenfalls mit außergewöhnlichen Fähigkeiten ausgestatteten Schlägertrupp losgeschickt, um das Mädchen zu entführen.

„Logan“ ist der insgesamt dritte Solo-Film von Wolverine, eine der beliebtesten Figuren aus dem „X-Men“-Mutanten-Karussell. Zusammengerechnet mit seinen Auftritten in den „X-Men“-Filmen und kleinen Gastauftritten in anderen Produktionen, kommt der Krallen-schwingende Mutant hier insgesamt auf seinen neunten Leinwandauftritt. Regie führte James Mangold, der schon das letzte Wolverine-Spin-off, „Weg des Kriegers“ von 2013, inszenierte. Für den Regisseur aus New York ist es auch der erste Film seit dieser Zeit. In den Jahren davor, inszenierte er Filme ganz unterschiedlicher Genres, von Western („Todeszug nach Yuma“) über Horror („Identität“) bis hin zu Biopics („Walk the line“). „Logan“ wurde im Sommer 2016 für knapp 100 Millionen Dollar Budget realisiert.

„Logan“ ist der erste Wolverine-Film, der in Deutschland erst ab 16 Jahren freigegeben ist. Und das nicht zu Unrecht. Zu dem Schritt, einen härteren, ruppigeren Ton inklusive einiger deftiger Gewaltszenen durchgehen zu lassen, entschied sich das produzierende Studio nach dem großen Erfolg von Deadpool. Dieser beinhaltete deftige Sprüche und mitunter knüppelharte Kampfszenen. Der Schwerpunkt von „Logan“ liegt ganz klar auf Letzterem, wer hier humorvolle Elemente sucht, ist fehl am Platz. Denn in „Logan“ dominieren Schwermut und Melancholie. Der Film ist ein atmosphärischer, nostalgischer Abgesang auf eine Superhelden- oder besser: Mutanten-Legende.

Diese ist im Film mittlerweile schwer gesundheitlich angeschlagen, von den Jahren des Überlebenskampfes gezeichnet und unübersehbar gealtert. Seit jeher ist Wolverine auf der Suche nach seiner Identität. Aber noch immer hat er keinen (Seelen)Frieden gefunden. Was er vermutlich auch nie wird. Außerdem hat er einen Großteil seiner Fähigkeiten und Mutanten-Kräfte eingebüßt. Hugh Jackman ist in seiner Paraderolle besser denn je und zeigt eine brillante Leistung als verschlissener, ausgelaugter Mann, der nur noch in Frieden seinen Lebensabend verbringen will.

Regisseur Mangold vermengt im letzten Spin-Off auf gelungene Weise verschiedene Genre-Versatzstücke zu einem ausgewogenen, stimmigen Ganzen. Darunter u.a.: Western-Elemente, die auf typische Dystopie- und apokalyptische Endzeit-Szenarien treffen. Jene Szenarien manifestieren sich am deutlichsten im visuellen Bereich und den Schauplätzen, allen voran anhand der verlassenen, trostlosen Wüstenlandschaften. Diese unwirtlichen Natur-Kulissen, fanden die Macher in den schier endlosen, atemberaubenden Trockenwüsten des US-Bundesstaats New Mexico. Aber: Trotz der Melancholie, die von Beginn an über dem Film liegt, kommt die Action nicht zu kurz. Allen voran im direkten Mann-gegen-Mann-Vergleich und Nahkampf, bekommt es der angeschlagene, lädierte Mutant mit den brutalen Schergen und Schlägertrupps des rücksichtslosen Unternehmers Essex, zu tun. Jene Szenen sind von ungeheurer – auch emotionaler – Wucht und Unmittelbarkeit, nicht zuletzt deshalb, da Wolverine überdeutlich langsamer, schwächer und anfälliger ist als früher. Man fühlt, mehr noch: man leidet als Zuschauer mit ihm.

Noch ein Wort zu Dafne Keen: die Jungdarstellerin macht ihre Sache als wortkarge, traumatisierte Jung-Mutantin überaus überzeugend. Sie wirkt ebenso unnahbar wie auch selbstsicher und (körperlich und emotional) präsent sowie jederzeit auf der Höhe. Gut ist auch, dass die allseits bekannte, schon oft gesehene alternder Mann-beschützt-Mädchen-Konstellation, nicht zu kitschig und abgedroschen geraten ist. Die Macher beschränkten sich auf ein Minimum an schmalzigen Tränendrücker-Momenten. Das Ende des Films stimmt nachdenklich und traurig, ist aber eigentlich unvermeidbar und damit auch konsequent und nötig.

Fazit: Nostalgisch-melancholischer Abgesang auf einen schwächelnden, gealterten Mutanten-Mythos: „Logan“ ist der mit Abstand stärkste Teil der Reihe und gehört – dank seiner ausweglosen Trostlosigkeit, Düsternis und brillanten Darsteller – zu den gelungensten Comic-Verfilmungen der letzten Jahre. Deutlicher kann man sich nicht vom bonbonbunten Bombast und überladenen CGI-Pomp der „Avengers“-Filme, unterscheiden.


Bewertung: 5 von 5 Sternen

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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Ein Kommentar

  1. Ich fand ihn sehenswert und nicht enttäuschend, auf keinen Fall. Aber besser als den ersten fand ich ihn nicht. Einzig der zweite mit seinem spirituellen Unterbau war, äh, anstrengend.

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