Life of Pi Kritik

Life of PiIn Montreal will ein namenlos bleibender Autor (Rafe Spall) den Inder Pi (Irrfan Khan) treffen, der angeblich eine unglaubliche Geschichte für das neue Buch des Schriftstellers auf Lager hat. Pi erzählt ihm von einer Vergangenheit, die schon lange zurück liegt: Das Abenteuer beginnt, als Pi noch den Namen Piscine Molitor Patel (Gautam Belur) trägt und im Zoo des Vaters im beschaulichen indischen Städtchen Pondicherry aufwächst. Gemeinsam mit seinen Geschwistern lebt er Seite an Seite mit Dutzenden exotischen Tieren und Lebewesen. Als Pi 17 Jahre alt ist (nun: Suraj Sharma), muss er mit seiner Familie Indien verlassen. Das Geld ist zu knapp, daher will der Vater nach Kanada auswandern und einen Großteil der Zoo-Tiere davor in Amerika verkaufen. An Bord des riesigen japanischen Frachters, auf dem Pi mit seiner Familie die Reise antritt, befindet sich auch ein Großteil ihrer Zoo-Tiere, die in Amerika gutes Geld bringen und damit das Überleben der Familie sichern sollen. Doch dann gerät das Schiff in ein heftiges Unwetter und sinkt. Gemeinsam mit einem Zebra, einer Hyäne, der Orang-Utan-Dame Orange-Juice und dem bengalischen Tiger Richard Parker, gelangt er auf Rettungsboot. Doch das ist erst der Anfang einer unglaublichen Odyssee, die über 200 Tage dauern wird.

„Life of Pi“ basiert auf dem Roman „Schiffbruch mit Tiger“ von Yann Martel, der sich 2001 zu einem weltweiten Bestseller entwickelte. Das Buch wurde auch von der Kritik und der Fachpresse begeistert aufgenommen, nachdem es zuvor von fünf Verlagen abgelehnt wurde. Lange Zeit galt der Stoff als unverfilmbar, namhafte Regisseure wie z.B. M. Night Shyamalan („The Village“) bissen sich im Laufe der Jahre an ihm die Zähne aus. Bis sich der taiwanische Regisseur Ang Lee („Hulk“, „Brokeback Mountain“) daran machte, das Buch zu verfilmen. Bereits mit Sinn und Sinnlichkeit (1995) hatte Lee erfolgreich sein Händchen für Literaturverfilmungen bewiesen. Gedreht wurde der Film an Originalschauplätzen in Kenting, Montreal, Munnar, Pondicherry und im taiwanischen Taichung. Ang Lee gelingt mit „Life of Pi“ ein optisch herausragendes, zu Tränen rührendes Film-Märchen, das die 3D-Technik in einer noch nie gesehenen Art und Weise nutzt.

„Life of Pi“ gestaltet sich von Beginn an als visuell bestechender Rausch für die Sinne, der einen ob der Geschehnisse auf der Leinwand nicht nur einmal in ungläubiges Staunen versetzt. Von der ersten Minute an ziehen Ang Lee und sein Kameramann Claudio Miranda („Zodiac“, „Tron: Legacy“) den Zuschauer durch Momentaufnahmen aus dem Zoo mit traumhaften, schwelgerischen 3D-Bildern von den Tieren in den Bann. Die Kamera bahnt sich in dieser ersten Viertelstunde des Films ihren Weg durch die bunte, berauschende Welt des Zoo mit all seinen außergewöhnlichen und farbenfrohen Lebewesen. Als Zuschauer fühlt man sich mitten ins Geschehen versetzt und die glänzend eingesetzte 3D-Technik sorgt dafür, dass man schnell ein Teil dieser prachtvollen Kulissen und Schauplätze wird. Der Film beginnt an Fahrt aufzunehmen, als das Schiff, das Pi und seine Familie nach Kanada bringen soll, auf tragische Weise untergeht. Ab diesem Zeitpunkt setzt die eigentliche Handlung des Films ein, der mit 120 Minuten für ein familienfreundliches Märchen vergleichsweise lang geraten, aber zu keiner Sekunde langweilig oder langatmig geworden ist.

Der erschütternde Schiffsuntergang bei hohem Wellengang und peitschendem Regen zählt zu den beeindruckendsten Szenen des gesamten Films. Aber nicht nur in diesem Moment, ganz allgemein ist die dritte Dimension bei diesem Film von außergewöhnlichem Mehrwert. Weitere, ganz besondere Leckerbissen für das Auge sind die Darstellung einer von tausenden Erdmännchen bewohnten, schwimmenden Insel und der riesige Schwarm fliegender Fische, der minutenlang an Pi und dem Boot vorbeisaust und dabei aus der Leinwand zu springen scheint. Die technische Umsetzung des Films ist brillant und gehört ohne Zweifel zum stärksten, was man in Sachen 3D-Technik bislang zu sehen bekam. Bei der Darstellung der Tiere wurde in den meisten Fällen freilich auf die Hilfe des Computers zurückgegriffen aber nur in wenigen Szenen wird deutlich, dass die Tiere nicht echt sind sondern aus Bits und Bytes bestehen. Effektspezialist und Oscar-Preisträger Bill Westenhofer („Der goldene Kompass“, „Men in Black 2“) und sein Team konnten sich hier voll ausleben. Neben all diesen imposanten Schauwerten und dem beachtlichen Spektakel auf der Leinwand, transportiert der Film darüber hinaus eine kluge Botschaft über den Glauben, die dem Zuschauer dabei zu keinem Zeitpunkt eine Sichtweise aufdrängt, sondern klug zum Nachdenken und Reflektieren anregt.

Somit verbindet Ang Lee dieses wunderschön gefilmte Märchen für Groß und Klein eben auch mit tiefschichtigen Fragen über den Sinn des Lebens, auf die er uns gleich auch die notwendigen Antworten mitliefert – wenn man sich nur darauf einlässt. Denn dies stellt die Voraussetzung dar, damit man den Film in all seiner Pracht genießen kann: Als Zuschauer muss man sich voll und ganz auf die wundersame Geschichte und seine Figuren einlassen, ohne nach der Glaubwürdigkeit und dem Realismus der Ereignisse zu fragen.

Fazit: „Life of Pi“ ist ein visuell bestechendes, rauschhaftes Märchen für Groß und Klein, das die 3D-Technik auf faszinierende Weise nutzt und darüber hinaus tiefschichtige Fragen nach dem Sinn des Lebens aufwirft.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Darsteller:

  • Suraj Sharma
  • Irrfan Khan
  • Ayush Tandon
  • Gautam Belur
  • Adil Hussain
  • Tabu
  • Ayan Khan
  • Mohd Abbas Khaleeli
  • Vibish Sivakumar
  • Rafe Spall
  • Gérard Depardieu
  • James Saito

Regie:
Ang Lee

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