Himmel und Huhn

Himmel und HuhnIn der Reihe „Rätsel des Kino-Alltags“ widmen wir uns heute dem Phänomen: „CGI-Filme als Garanten für volle Kassen – unabhängig von ihrer Qualität“. Ein besonders fieser Vertreter dieses Phänomens stammt aus den Disney-Studios, heißt „Chicken Little“ und wurde ins Deutsche mit dem verhühnepipelten Titel „Himmel und Huhn“ übersetzt, womit der Film zu den aussichtsreichsten Kandidaten der dämlichsten deutschen Titelübersetzungen gehören dürfte.

War da noch was? Ach so, ja, der Film. Bestimmt wäre es für angehende Drehbuchautoren interessant zu erfahren, welche Kriterien man in Hollywood für den Ankauf eines Drehbuchs heranzieht. Muss man tatsächlich davon ausgehen, dass selbst in einem Major-Studio wie Disney der Bieruntersetzer, auf dem das Drehbuch zu „The dark side of the Huhn“ (ich weigere mich, den offiziellen deutschen Titel des Films zu verwenden) in einer Bierlaune hingekritzelt worden war, ernsthaft gelesen wird? Und anstatt den Namen des „Drehbuchautoren“ der Sekretärin mitzuteilen, damit diese jede Postsendung des Betreffenden sofort dem Altpapier überantwortet, auch noch grünes Licht für die Verfilmung gegeben wird?

Spielen wir doch einmal Studioboss, Havanna in beiden Mundwinkeln, Brille mit Goldrand, Krawatte aus Dollarscheinen. Und nun bekommen wir einen kleinen Notizzettel, auf dem folgendes steht:
„Meine Idee für einen voll lustigen Kinderfilm! Von Mark McNugget (Name wurde mit einem zufälligen Zufallsprogramm rein zufällig absichtlich generiert). Also, da ist ein kleines Huhn, das heißt Junior Hühnchen, und das ist voll der Loser, seit es behauptet hat, dass ihm der Himmel auf den Kopf gefallen ist und es deshalb alle Erwachsenen in der Stadt in Panik versetzt hat.
Es hat nur zwei Freunde, und zwar das hässliche Entlein, das ganz arg hässlich ist, und das Schwein Ed, das ganz voll arg fett ist. Hihihi! Dann kommen so UFOs mit Außerirdischen, aber niemand glaubt Junior und seinen Freunden. Dann fangen die Außerirdischen an, die Stadt zu zerstören. Aber am Schluss wird alles wieder gut und alle sind happy und zufrieden und essen Popcorn.
Ich stelle mir da vor, dass man voll lustige Baro … Paradi … Verarschungen von Filmen wie „Krieg der Welten“ oder „King Kong“ und natürlich „Matrix“ einbauen könnte.
Wenn Sie an meinem Drehbuch interessiert sind, rufen Sie mich an! Aber bitte erst ab Mittag, weil ich nämlich am Vormittag in der Grundschule bin. Morgen habe ich Mathematik-Test, was ich voll doof finde.
Na ja. Ihr Mark.“

Ah, und nun die große, entscheidende Frage: Wie verfahren wir?
a) Wir halten das „Drehbuch“ für den Scherz unseres besten Kumpels und lachen herzlich. Danach gehen wir zur Tagesordnung über.
b) Wir rufen die Mutter des Lümmels an und empfehlen ihr, dem Jungen ein anderes Hobby nahezulegen.
c) Wir sind begeistert und machen den Film.

Richtige Antwort: c)

Tatsächlich gibt es an Ben Huhn nichts, das man lobend hervorheben könnte. Einzig der Umstand, dass man es im deutschsprachigen Raum geschafft hat, mit der Besetzung der Hühnchronrollen das Sumpfhuhn abzuschießen, verdient Respekt.
So wird das hässliche Entlein in einem etwas missratenen Anflug dessen, was man beim Verleih wohl für Ironie hält, von Verona Feldbusch gesprochen, in Österreich von Gerda Rogers (Astrologin, Sternzeichen Moorhuhn, eine Stimme wie Bärenkrallen, die über eine Schiefertafel kratzen).

Während die Story immerhin noch auf die Handinnenfläche eines Zwerghuhns passt, ist die Suche nach Witzen in diesem Film ein Fall fürs Elektronenrastermikroskop. Es sei denn, man hält es für den Gipfel des Humors, dass ein Schweinejunge fett und tuckig ist.

Die huhnlustigen Parodien, seit jeher unvermeidlich in CGI-Filmen, sind von ausgesuchter Phantasielosigkeit geprägt.

So öde die Handlung, so unlustig die Witze (oder was man bei Disney für Witze hielt), so nervig die Charaktere sind – nicht einmal zum lupenreinen Kinderfilm taugt „Psycho Chicken“! Wie in „War of the Worlds“ werden Leute, Gebäude und Autos mit einem Zerstörungsstrahl desintegriert. Entzückend!
Dass diese am Schluss – soviel sei verraten – wieder „zurückgeholt“ werden, dürfte den Schock bei kleinen Kindern ob des Gesehenen kaum lindern.
Gerade von Disney sollte man ein bisschen mehr Sensibilität gegenüber jüngeren Zuschauern erwarten dürfen.

Vom weiteren Rupfen des CGI-Hühnchens sehe ich ab, denn das Fazit dürften selbst die Ostfriesen unter euch inzwischen erraten haben: Chick Korea ist banalster, unlustigster, ödester Pseudo-Klamauk und des „Disney“-Signums weniger würdig, denn Verona Feldbusch die Zuerkennung irgendwelcher Unterhaltungs-Talente.

Darsteller
Keine, dafür höchst qualifizierte Sprecher wie Verona Feldbusch und Boris Becker

Regie
Mark Dindal

Produktionsland, Jahr
USA, 2005

Himmel und Huhn/Chicken Little Trailer

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