Gregs Tagebuch – Von Idioten umzingelt! Filmkritik

Bestseller werden seit jeher bevorzugt verfilmt. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Des Stoffes Beliebtheit ist nachgewiesen, man kann auf den Kinobesuch zahlreicher Fans hoffen, die neugierig sind zu erfahren, wie das Buch für die Leinwand adaptiert wurde, und der Filmtitel ist bereits im Vorhinein in vieler Munde. Klar, dass auch die Comic-Reihe „Gregs Tagebuch“ von Jeff Kinney auf Zelluloid gebannt werden musste. Mit Erfolg: Alleine in den USA spielte die günstig produzierte Komödie das Mehrfache ihrer Kosten ein.

Ob sich „Gregs Tagebuch – Von Idioten umzingelt!“ auch für erwachsene Zuschauer lohn, wird nachfolgend beschrieben, in dieser von sehr klugen Lesern umzingelten Rezension.

Vom Leben und Überleben an der High School
Für den schmächtigen Greg (Zachary Gordon) beginnt jetzt endgültig der Ernst des Lebens: Er wechselt auf die Junior High School – laut seinem Bruder Rodrick (herrlich fies: Devon Bostick) ein Hort des Schreckens, den nur die ganz Starken überleben. Trotzdem ist Greg guter Dinge, sich in der neuen Schule wohlzufühlen. Weshalb sollte es auch einem ungemein intelligenten und eloquenten Jungen wie ihm nicht gelingen, zum begehrtesten Schüler der Lehranstalt zu avancieren?

Doch die Wirklichkeit deckt sich nicht ganz mit seinen Wunschvorstellungen, weshalb er sich immer neue, mitunter verrückte Wege ausdenkt, seine Beliebtheit zu steigern. Aus unverständlichen Gründen will sich der Erfolg nicht so recht einstellen, was zu der völlig grotesken Situation führt, dass sein bekloppter und uncooler Freund Rowley (Robert Capron) schon bald populärer als Greg geworden ist. Und schlimmer noch: Bald stößt er mit seiner Erzfeindin Laine MacNeil (Patty Ferrell) zusammen, die ihn seit ihren gemeinsamen Kindergartentagen hasst und keine Gelegenheit auslässt, ihn zu blamieren und bloßzustellen.

Prä-Teenie-Komödie
Mit „Gregs Tagebuch – Von Idioten umzingelt!“ wird eine viel zu wenig beachtete Zielgruppe anvisiert: Kinder, die noch nicht ganz das Teenager-Alter erreicht haben. Folglich können besorgte Eltern beruhigt werden: In diesem Film fallen weder unanständige Worte, noch dreht sich das ganze Streben der (männlichen) Protagonisten darum, diverse Körperteile des anderen Geschlechts eingehender zu studieren.

Ein Stückchen weit erinnert der Film in seiner Grundstruktur an die 1980er-TV-Serie „Das geheime Tagebuch des Adrian Mole“ von Sue Townsend, wobei es einen ganz entscheidenden Unterschied gibt, auf den gleich noch eingegangen werden soll.

„Gregs Tagebuch – Von Idioten umzingelt!“ wird in Episoden erzählt, deren chronologische Reihenfolge de facto keine Rolle spielt. Den Roten Faden bildet Gregs Herzenswunsch, der populärste Schüler an der Junior High School zu werden. Nebenhandlungen werden auf kurze Situationsgags beschränkt, womit der Fokus voll und ganz auf den Jungen gerichtet ist und bleibt.

Anfangs bereiten Gregs zielstrebige Versuche, cool und beliebt zu werden, noch Spaß. Mit der Zeit nützen sich die ewig gleichen Schemata jedoch ab. Denn seine Erfolglosigkeit kennt keine Variationen. Mitunter gleitet der Film ins Absurde ab. Weshalb sich ein selbst für seine Altersgruppe viel zu schmächtiger Junge plötzlich vornimmt Catcher zu werden, erschließt sich nicht. Vor allem deshalb, da Greg ein sichtlich intelligentes Kind ist und sich keinerlei Illusionen über seine Körperkräfte hingibt.

Arroganter Widerling als Vorbild?
Der zuvor erwähnte entscheidende Unterschied zu Adrian Mole besteht im Charakter. Auch Adrian ist unsportlich und ein gefundenes Ziel des Spotts anderer Schüler. Doch Greg erweist sich, anders als sein TV-Pendant, als arroganter Schnösel mit Hang zum unverhohlenen Narzissmus. Darauf weist bereits der deutsche Titel hin. Tatsächlich neigt der Junge zu absurden Selbstüberhöhungen, die geradezu scheitern müssen. Falls es das Ziel von Regisseur Thor Freudenthal war Greg möglichst unsympathisch darzustellen, ist dies vollends geglückt.

Schade, denn einige Szenen sind wirklich lustig geraten und die Schauspieler füllen ihre Rollen mit sichtlicher Freude aus. Allen voran Devon Bostick als sadistischer älterer Bruder. Etwa ab der Hälfte des Films stellt sich der Wunsch ein, „Gregs Tagebuch – Von Idioten umzingelt!“ hätte ihn statt seines jüngeren Bruders ins Zentrum des Geschehens gestellt.

Andere interessante Charaktere gibt es nicht. Gregs Mutter ist nett und ein bisschen naiv, dito sein leicht trotteliger Vater. Sein Freund Rowley erfüllt das Klischee des dümmlichen, stets grinsenden Dickerchens. Knüppelhart hat es Gregs Mitschüler erwischt: Diese setzen sich ausnahmslos aus Klischeefiguren zusammen, wie man sie eigentlich nur aus misslungenen Teenie-Filmchen gewohnt ist. Klassische Streber, seltsame Nerds, arrogante Zicken, ausländische Kinder mit lustigen Namen, über die man sich hemmungslos lustig machen kann und darf. Zeitgemäß ist eine solche Ansammlung schubladisierter Figurendarstellung jedenfalls keineswegs mehr.

Gerade angesichts der angestrebten Zielgruppe befremdet der unverblümte Zynismus. An Greg ist nun rein gar nichts Liebenswertes zu finden. Davon, dass er alles andere als ein positives Vorbild darstellt, ganz zu schweigen. Vor allem die Behandlung seines „Freundes“ Rowley stößt sauer auf: Er benutzt diesen wie ein Spielzeug, was Rowley nur kurz zu stören scheint. Am Schluss ist alles wieder in bester Butter und junge Zuseher haben gelernt, dass es völlig in Ordnung ist, andere wie Abfall zu behandeln. Freundlichkeit ist was für Weicheier!

Fazit: „Gregs Tagebuch – Von Idioten umzingelt!“ hätte ein richtig lustiger Film für alle Altersgruppen werden können. Der unsympathische, sadistische Protagonist, die durchgehenden Klischeezeichnungen, sich ständig wiederholende Plotelemente und vor allem der anstößige Zynismus der Handlung rechtfertigen keine ausdrückliche Empfehlung, Bestseller hin oder her.


Darsteller

  • Zachary Gordon … Greg Heffley
  • Robert Capron … Rowley Jefferson
  • Rachael Harris … Susan Heffley
  • Steve Zahn … Frank Heffley
  • Connor Fielding … Manny Heffley
  • Owen Fielding … Manny Heffley
  • Devon Bostick … Rodrick Heffley
  • Chloe Moretz … Angie Steadman
  • Karan Brar … Chirag Gupta
  • Grayson Russell … Fregley
  • Laine MacNeil … Patty Ferrell
  • Alex Ferris … Collin
  • Andrew McNee … Coach Malone
  • Belita Moreno … Mrs. Norton
  • Rob LaBelle … Mr. Bertrand Winsky
  • Nicholas Carey … Pete Hosey
  • Samuel Patrick Chu … Carter
  • Donnie MacNeil … Wade
  • Samantha Page … Shelly
  • Ava Hughes … Marley
  • Cainan Wiebe … Quentin

Regie
Thor Freudenthal

Produktionsland, Jahr
USA, 2010

Gregs Tagebuch – Von Idioten umzingelt! Trailer

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Ein Kommentar

  1. Greg wurde besser besetzt als sein Schauspielerbruder. Zachary Gordon ist für sein Alter in diesem Film überzeugend und perfekt. Der „Bruder“ hingegen glänzt nicht, da unecht spielend, vielleicht auf eine Karriere hoffend.

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