Gefährten Kritik

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Steven Spielberg hat wie kaum ein zweiter Regisseur das Mainstream-Kino der vergangenen Jahrzehnte geprägt und bis heute mit seinen Filmen so viel eingespielt, wie kein anderer Filmemacher sonst. Mit „Der weiße Hai“ inszenierte er einen der ersten großen Publikumserfolge der Filmgeschichte, der heute als die Geburtsstunde des Blockbusters gilt. Mit seinem Science-Fiction-Märchen „E.T.“ schuf er den erfolgreichsten Film der 1980er-Jahre und sein Dino-Abenteuer „Jurassic Park“ war ab 1993 für fünf Jahre der kommerziell erfolgreichste Film der Welt. Spielbergs Spezialität ist zum einen die Verfilmung phantastischer Filmstoffe, aus denen er spektakuläre Fantasy-Märchen in bunten und traumhaften Bildern zaubert, („E.T.“, „Hook“, „A.I.“). Zum anderen nahm sich Spielberg in der Vergangenheit aber auch immer wieder ernsten Themen an. So thematisierte er in seinem Oscar-prämierten Werk „Schindlers Liste“ (1993) den Holocaust und befasste sich in dem Kriegsfilm „Der Soldat James Ryan“ (1998) mit dem Landung der Alliierten in der Normandie am 06. Juni 1944.

Mit seinem neuesten Film „Gefährten“ kehrt Spielberg wieder zurück zum epischen Gefühlskino, ganz in der Tradition von „E.T.“. Der Meisterregisseur steht hier zum ersten Mal in seiner langen, erfolgsverwöhnten Karriere zumindest ein wenig unter Druck, da sein letztes Werk „Die Abenteuer von Tim und Struppi“ hinter den kommerziellen Erwartungen zurückblieb und auch von Kritikern nicht gerade geliebt wurde. Die Vorlage für „Gefährten“ bildete der gleichnamige Bestseller vom Kinderbuchautor Michael Morpurgo aus dem Jahr 1982. Bereits 2009 erwarb Spielberg die Rechte an dem Stoff, den er ursprünglich eigentlich nur produzieren wollte. Er fand jedoch dermaßen Gefallen an der bewegenden Geschichte um ein in die Wirren des Ersten Weltkriegs verstricktes Pferd, so dass er schließlich selbst auf dem Regiestuhl Platz nahm.

In „Gefährten“ dreht sich alles um einen Jungen namens Albert und dessen geliebtes Pferd Joey, die am Vorabend des Ersten Weltkrieges zu besten Freunden werden. Dann bricht der Krieg aus uns trennt die Beiden. Joey wird von Alberts Vater an die britische Kavallerie verkauft und zum Einsatz an die Front geschickt. Vor dem Hintergrund des großen Krieges beginnt Joeys außergewöhnliche Reise. Trotz der unzähligen Hindernisse, die ihm bei jedem Abschnitt seiner Reise begegnen, berührt und verändert er das Leben eines jeden Menschen, der seinen Weg kreuzt. Albert, der Joey zu keinem Zeitpunkt vergessen konnte, reißt schließlich von zu Hause aus, um seinen besten Freund von den Schlachtfeldern zurück zu holen…

Spielberg darf sich in „Gefährten“ so richtig austoben und eine Art Hommage an das Hollywood-Kino der 40- und 50-Jahre abliefern: Der Film besticht durch epische Landschaftsaufnahmen, eine hochdramatische, fast ein wenig zu dick aufgetragene aber die Szenerie letztlich perfekt unterstreichende Filmmusik, ungewöhnliche Kameraperspektiven und bildgewaltige Schlachtszenen. Zudem zielt Spielberg deutlicher als in seinen vorangegangenen Filmen darauf ab, die Emotionen des Zuschauers anzusprechen. Er spielt hier, wie so oft in seinen Filmen, meisterhaft mit den verschiedenen Emotionen der Zuschauer, zeigt tragische Geschichten und transportiert die Wirren des Krieges in packenden und bewegenden Bildern. Eine der eindringlichsten Szenen des Films spielt sich zwischen einem kranken Mädchen und ihrem Großvater ab. In dieser Sequenz kommt Spielbergs Talent für hochemotionale Momente zum Tragen, denen man sich kaum entziehen kann: Das Schicksal des kleinen Mädchens Emily geht zu Herzen und die schauspielerische Leistung von Mädchen und Großvater beeindruckt. Freude und Tragik sind hier so dicht beieinander wie nur irgend möglich.

Zu bemängeln ist die Laufzeit des Films. Die 140 Spielminuten kommen einem mitunter fast doppelt solange vor und der Film hat immer wieder mit einigen Längen zu kämpfen, die sich beim Zuschauer in Form mitunter gähnender Langeweile ausdrücken. Manch eine Einstellung (wie etwa die von den mit Leichen übersäten Schlachtfeldern) ist deutlich zu lang geraten, und manch Szene von fast überzogener Ausführlichkeit, etwa wenn der junge Albert zum ersten Mal das Pferd in all seiner Schönheit erblickt. Auch Hauptdarsteller Jeremy Irvine als Albert bleibt das ein oder andere Mal reichlich blass. Ihm fehlt es deutlich an schauspielerischer Erfahrung. Diese wird jedoch bedingungslos benötigt, möchte man eine so tragende Rolle in einem Film überzeugend stemmen. „Gefährten“ ist der erste Kinofilm für den 22-jährigen Briten.

FAZIT: „Gefährten“ hat zwar mit einigen Längen und mit einem nur leidlich überzeugenden Hauptdarsteller zu kämpfen, erfreut aber mit einer emotionalen und dramatischen Geschichte, für die Spielberg erlesene, bewegende Bilder findet.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Darsteller:

  • Jeremy Irvine
  • David Kross
  • David Thewlis
  • Emily Watson
  • Benedict Cumberbatch
  • Tom Hiddleston
  • Toby Kebbell
  • Eddie Marsan
  • Peter Mullan
  • Niels Arestrup
  • Johnny Harris
  • David Dencik

Regie:
Steven Spielberg

Erscheinungsjahr:
2011

Gefährten Trailer

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3 Kommentare

  1. Nicht der beste Film von Spielberg, aber die Bilder sind wie immer wunderschön und episch. Er versteht es einfach, emotionale Geschichten mit einer märchenhaften Bildsprache zu koppeln.

    Freu mich schon auf seine nächste Streiche!

  2. Hey!

    Fand „Gefährten“ auch ziemlich gut, auf jeden Fall. Spielberg ist und bleibt einfach der größte Kino-Magier Hollywoods – neben Scorsese!

    Nur, um erhlich zu sein, die Szenen vom gallopierenden Pferd über die blutigen Schlachtfelder sind schon äußerst kitschig:)…aber auch DAS ist Spielberg…

    LG

  3. Jawohl, ein typischer Spielberg! Kraftvolle und fesselnde Bilder wie man es gewohnt ist… nun ja bei der Story werden sich die Meinung scheiden – aber ich hab den Film gern gesehen und für gut befunden. Spielberg bleibt nunmal Ungeschlagen 🙂

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