Familienfest Kritik

familienfest filmkritikPünktlich zum 70. Geburtstag des Familienoberhaupts Hannes Westhoff (Günther Maria Halmer), findet sich die komplette Familie in der üppigen Villa zusammen. Westhoff war einst ein erfolgreicher, gefeierter Pianist, der nun die Möglichkeit nutzen will, seine in alle Winde verstreute Familie um sich zu scharen. Darunter u.a. die drei Söhne Max (Lars Eidinger), Gregor (Marc Hosemann) und Frederik (Barnaby Metschurat), Hannes‘ zweite Ehefrau Anne (Michaela May) oder auch Renate (Hannelore Elsner), die erste Frau des Patriarchen und Mutter der drei Söhne. Schon bald wird deutlich, dass viele Ereignisse und Vorfälle aus der Vergangenheit noch nicht verarbeitet sind, alte Wunden reißen auf und verdrängte Traumata brechen sich Bahn. Am Ende sorgt eine tragische, unerwartete Neuigkeit dafür, dass die ohnehin angespannte und gereizte Atmosphäre, weiter zu eskalieren droht.

Das intensive, intime Familiendrama wurde im Frühling 2014 in Berlin gedreht und ist der neue Film von Lars Kraume, der an der deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin studierte. Für seinen Abschlussfilm „Dunckel“ erhielt Kraume den Adolf-Grimme-Preis. Für Kraume ist es der zweite Kinofilm in diesem Jahr nach „Der Staat gegen Fritz Bauer“, dem Polit-Drama über den Kampf des Frankfurter Generalstaatsanwalts Bauer, die Auschwitz-Prozesse zu initiieren. Kraume war in den vergangenen Jahren vor allem als Regisseur von Tatort-Folgen aktiv, so inszenierte er allein seit 2011 sechs Folgen der beliebten Krimi-Reihe.

„Familienfest“ erinnert nicht nur vom Titel her immer wieder sehr stark an den Dogma-Klassiker „Das Fest“ vom Dänen Thomas Vinterberg. In beiden Filmen kommt es nach Jahren wieder zu einer Familienzusammenführung. Anlass ist der runde Geburtstag des herrischen, unnahbaren und resolut-unnachgiebigen Familienoberhaupts. Hier wie dort reißen im Laufe des Fests nicht verheilte Wunden auf, werden neue Gräben gegraben und alle Beteiligten müssen sich die Frage stellen, wie sie mit den noch nicht beglichenen Rechnungen aus der Vergangenheit umgehen wollen. „Das Familienfest“ ist ein reduziertes, minimalistisches Ensemble-Kammerspiel, getragen von seinen Darstellern. Wobei gesagt werden muss: der Film erreicht nie die Dringlichkeit und entwaffnende Härte von „Das Fest“.

Dies mag mitunter wohl auch an dem Geheimnis liegen, an der Offenbarung, die die Anwesenden in „Das Fest“ noch mehr in Schockstarre versetzt als die Familie von Max nach dessen Mitteilung – die es aber ohne Frage auch in sich hat. Dennoch ist auch „Familienfest“ durchzogen von schwarzem und bitterbösem Humor, etwa weil die Feier im Stile alter Reichparteitage abgehalten wird (die Sympathien für die braune Brut ziehen sich durch die gesamte Familiengeschichte) oder weil der Familien-„Führer“ an althergebrachten Traditionen und Regeln mit aller Gewalt festhält, auch (und vor allem) zu Tisch. Das Darsteller-Ensemble agiert durch die Bank famos und überzeugend, allen voran Halmer als egomanischer, diktatorischer Vater und Hannelore Elsner, als verbitterte, alkoholkranke und borstige Giftnatter.

Auch die Dialoge sind gepfeffert, sehr böse und nichts für zart Besaitete. So bezeichnet Vater Westhoff den einen seiner Söhne als „Schlaumeier“, den anderen als „Schwulen“ und den dritten nennt er „Windei“. Nicht gerade liebevoll, der Umgang der Familienmitglieder untereinander. Erst ganz am Ende – im Angesicht des Todes – kommt es zu Reue und Entschuldigungen, vermutlich jedoch zu spät.

Fazit: Bitterböse, mit scharfzüngigem und pechschwarzem Humor garnierte Familien-Dramödie, die vor allem mit der exquisiten Besetzung punktet.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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Ein Kommentar

  1. Wenn der Film, wie es hier steht, an Vinterbergs Dogma-Klassiker „Das Fest“ erinnert, dann MUSS ich ihn mir ansehen:)

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