Der mit dem Wolf tanzt Kritik

Der mit dem Wolf tanzt„Der mit dem Wolf tanzt“ war die größte Überraschung des Filmjahres 1990. Der epische Western von und mit Kevin Costner spielte weltweit knapp 424 Millionen Dollar ein und wurde mit sieben Oscars ausgezeichnet, u.a. in der Königsdisziplin „Bester Film“. Dieser immense Erfolg war in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: zum einen handelte es sich hier um ein Genre, das 1990 schon lange als ausgestorben galt. Der klassische Western, der sich in erster Linie dem Mythos um die Erschließung des unberührten amerikanischen Westens widmet, spielte im Kino der 1980er-Jahre kaum mehr eine Rolle, Kassenerfolge wie „Silverado“ (1985) oder „Young Guns“ (1988) bildeten die Ausnahme. Zudem ist es Kevin Costner selbst, der mit seiner (schauspielerischen und inszenatorischen Leistung) alle Kritiker Lügen strafte und mit seiner ersten Regiearbeit für eine handfeste Überraschung sorgte: Sein 19 Millionen teurer Film entwickelte sich – wider erwarten – zu einem Welterfolg.

Costner spielt den Bürgerkriegshelden und Nordstaaten-Offizier John J. Dunbar, der sich 1864 auf einen Außenposten im Indianergebiet versetzen lässt, um den „Wilden Westen“ kennenzulernen. Den Posten findet Dunbar nur verwahrlost und völlig zerstört vor. Er beschließt, dennoch zu bleiben und den Stützpunkt instand zu setzen. Dunbar gewöhnt sich an das einsame Leben und findet immer mehr gefallen an seinem neuen „Zuhause“, zumal er regelmäßig von einem Wolf besucht wird, mit dem er schließlich Freundschaft schließt. Nach einiger Zeit kommt es zur Begegnung mit den dort lebenden Indianern, einem Stamm der Sioux. Bald merkt er, dass die Indianer ihm gegenüber nicht feindlich eingestellt sind und es kommt zu ersten Annäherungen zwischen dem Offizier und dem Indianer-Stamm. Dunbar wird schließlich Teil der Sioux und in deren Leben integriert. Doch die Idylle findet ein jähes Ende, als ein Armeetrupp auftaucht…

Die Vorzeichen für Costners Regiedebüt standen zunächst alles andere als gut: Das Studio war sich nicht sicher, ob ein Western, immerhin ein zur damaligen Zeit totgeglaubtes Genre, überhaupt ein Millionenpublikum erreichen würde. Darüber hinaus überzog Costner das Produktionsbudget dermaßen, dass bei den verantwortlichen Studiobossen die Befürchtung aufkam, der Film könnte an den Kassen ähnlich floppen wie Michael Ciminos Western-Mammutwerk „Heaven’s Gate“ von 1980 („Heaven’s Gate“ war zu dem Zeitpunkt einer der teuersten Filme aller Zeiten und trieb als größter Kinoflop der Geschichte das Produktionsstudio „United Artists“ fast den in Ruin). Doch Costner gab sein Herzensprojekt nicht auf und finanzierte den Film teils aus eigener Tasche. Der Lohn: „Der mit dem Wolf tanzt“ wurde 1991 mit Preisen überhäuft und gilt bis heute als der kommerziell erfolgreichste Western aller Zeiten.

Der Zuschauer muss sich Zeit nehmen für Costners Western-Oper. Nicht nur wegen der enormen Spielzeit (183 Minuten, der Director’s Cut sogar ca. 236 Minuten), sondern weil Costner sich viel Zeit und Raum für seine Charakterzeichnung nimmt. Er wird Teil der langsamen Annäherung von Dunbar an den benachbarten Indianer-Stamm und schließlich Zeuge, wie der Offizier und die Ureinwohner immer ein Stück mehr zueinander finden. Costner kreiert für die Darstellung dieser Entwicklung ruhige, fast hypnotisch wirkende Szene und Dialoge, die trotz ihrer Länge zu keiner Zeit langweilen. Ein weiterer Pluspunkt ist die gewaltige Authentizität, mit der Costner hier zu Werke geht: gedreht an Originalschauplätzen in South Dakota, bestechen die malerischen und optisch beeindruckenden Landschaften, die hier in langen Einstellungen und erlesenen Bildern präsentiert werden. Costner schreckt auch nicht davor zurück, weite Teile der Dialoge mit den Indianern mit Untertiteln zu unterlegen. Alle Dialoge werden ins Lakota – einer Sprache der Sioux – übersetzt, was ein entscheidender Grund für die Authentizität des dargestellten Indianer-Stammes ist. Hierfür brachte man den Darstellern während der Dreharbeiten eigens das erforderliche Sprachverständnis bei. Das Ergebnis beeindruckte später die heute lebenden Sioux so sehr, dass sie Costner zu einem Ehrenmitglied ihres Volkes machten.

Auch die darstellerischen Leistungen überzeugen durchweg. Zu weiten Teilen mit „echten“ Indianern besetzt, erscheinen die Mitglieder des Stammes äußerst glaubwürdig und in ihrer Darstellung überzeugend. Sie mussten sich nicht erst in die Rollen der Indianer hineinversetzen. Graham Greene – selbst vom Stamm der Oneida-Indianer – liefert als liebenswürdiger, mit kindlicher Neugier ausgestatteter Sioux-Häuptling allen voran durch sein intensives Mimik-Spiel eine Glanzleistung ab. Costner selbst hat sich – so scheint es fast – die Person John J. Dunbar auf den eigenen Leib geschneidert. Er geht in seiner Rolle vollends auf, verdeutlicht mit seinem eindringlichen Spiel, dass eine Wandlung von Vorurteilen und Grenzen hin zu Akzeptanz und Gemeinschaft zu jeder Zeit der Geschichte möglich war und ist.

„Der mit dem Wolf tanzt“ ist ein wuchtiges und bildgewaltiges Filmerlebnis, das man so schnell nicht vergisst. Authentizität, Optik und Darstellung der amerikanischen Ureinwohner sind bis heute unerreicht.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Darsteller:

  • Kevin Costner
  • Mary McDonnell
  • Graham Greene
  • Rodney A. Grant
  • Floyd ‚Red Crow‘ Westerman
  • Tantoo Cardinal
  • Robert Pastorelli
  • Charles Rocket
  • Maury Chaykin
  • Jimmy Herman
  • Nathan Lee Chasing His Horse
  • Michael Spears

Erscheinungsjahr:
1990 / USA

Regie:
Kevin Costner

Der mit dem Wolf tanzt Trailer



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2 Kommentare

  1. Dieser Film geht wirklich unter die Haut. Auch wenn viele Filmfreunde Vorurteile gegen Western haben, sollte man einfach respektieren, dass dieser Film toll geschrieben, gespielt und umgesetzt ist. Ob er nun im wilden Westen spielt oder im Weltraum. Daumen hoch!

  2. Einfach einer der besten Filme aller Zeiten. Da passt einfach alles, die Bilder, die Musik, die Schauspieler, die Story, die Intention, usw. usf. Ein wunderschöner und zugleich unglaublich trauriger Film, den mMn jeder mindestens 1x gesehen haben sollte. Ich jedenfalls verschlinge ihn immer wieder, auch wenn ich ihn mir nicht zu oft ankucken kann, dafür ist er einfach zu traurig…

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