Der blinde Fleck Kritik

Der blinde Fleck film kritikAm 26. September 1980 ereignete sich der schwerste Terroranschlag in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg: Eine Bombenexplosion traf das größte Volksfest der Welt, das Münchener Oktoberfest. Der Anschlag riss 13 Menschen in den Tod und über weit über 200 Unschuldige erlitten zum Teil schwerste Verletzungen. Schnell machten die Behörden den radikalen Einzeltäter Gundolf Köhler (Fabian Halbig) für die Tat verantwortlich. Einige Jahre später: der BR-Reporter Ulrich Chaussy (Benno Fürmann) wird von seinem Chef beauftragt, einen Beitrag über den Anschlag zu machen. Eigentlich will Chaussy nur einen kurzen Bericht über die damaligen Ereignisse zusammenstellen, stößt bei seinen intensiven Recherchen jedoch auf immer mehr Ungereimtheiten und Widersprüche. Als auch noch wichtige Beweise aus der Asservatenkammer verschwinden, steht für den Reporter fest: an den von Verfassungsschutz und Innenministerium kommunizierten Darstellungen kann etwas nicht stimmen. Mit der Hilfe des Anwalts Werner Dietrich (Jörg Hartmann), nimmt er die Suche nach der Wahrheit auf.

Polit-Thriller aus Deutschland sind selten. Gute Polit-Thriller aus Deutschland sind noch seltener. Doch dem aus München stammenden Regisseur Daniel Harrich gelingt es, mit „Der blinde Fleck“ einen packenden, ungemein spannenden politischen Film über eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte vorzulegen. Dabei kommt „Der blinde Fleck“ dramaturgisch als klassischer Kriminalfilm daher, der auf geschickte Weise fiktionalisierte Elemente und Nebenhandlungen mit den wahren Ereignissen und Fakten der Tat vermengt. Die größte Stärke des Films ist dabei die gelungene Besetzung der Figuren. Der dramatische Fall, der im Jahre 1980 eine ganze Republik erschütterte, ist leinwandgerecht aufbereitet und könnte aufgrund der Parallelen bei den NSU-Morden nicht aktueller sein.

Dass der Journalist Ulrich Chaussy am Drehbuch mitgeschrieben hat, erweist sich für Regisseur Harrich und seinen Film als absoluter Glücksfall. Der ehemalige BR-Reporter vertiefte sich wie kein Zweiter in die Aufarbeitung und lückenlose Aufklärung des tragischen Attentats. Wie niemand sonst durschaute er die Verschleierungs- und Vertuschungsaktionen von Politik und Geheimdienst, die er gnadenlos offenlegte. Ebenso wie Chaussy zweifelt auch der Zuschauer sehr bald an der dargestellten Theorie des rechtsradikalen Einzeltäters Gundolf Köhler. Alleine die Rolle der rechtsextrem ausgerichteten Wehrsportgruppe Hoffmann, der Köhler angehörte, bleibt undurchschaubar und ein völliges Rätsel. Stück um Stück arbeitet der akribisch ermittelnde Chaussy immer mehr Ungereimtheiten auf und macht deutlich, wie viel bei den Ermittlungen vertuscht, geschlampt, gelogen wurde.

Als größter Glücksfall für den Film erweist sich dabei das goldene Händchen von Regisseur Harrich bei der Besetzung seiner Rollen. Benno Fürmann spielt seinen Reporter sachlich und gelassen, er wirkt wie ein idealistischer Ermittler im harten Kampf um die Wahrheit. Sein Gegenspieler ist Heiner Lauterbach als Geheimdienstler und Verfassungsschützer Hans Langemann, der seine Figur ebenso vielschichtig wie undurchschaubar und rätselhaft anlegt. „Der blinde Fleck“ ist ein starkes Stück deutsches Polit-Kino.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Regie:

  • Daniel Harrich

Darsteller:

  • Benno Fürmann
  • Nicolette Krebitz
  • August Zirner
  • Heiner Lauterbach
  • Olaf Krätke
  • Fabian Halbig
  • Miroslav Nemec
  • Tessa Mittelstaedt
  • Udo Wachtveitl
  • Jörg Hartmann
  • Peter Rappenglück
  • Ferdinand Schmidt-Modrow

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