Angel Heart Kritik

Zehn Jahre bevor Al Pacino in „Im Auftrag des Teufels“ in die Rolle des menschgewordenen Luzifers schlüpfte, verkörperte der zweite große Charakterdarsteller seiner Generation (neben Pacino) den Belzebub auf ähnlich verstörende Weise: Robert de Niro. In Alan Parkers okkultem Psycho-Thriller „Angel Heart“ aus dem Jahre 1987 liefert sich De Niro ein packendes Duell mit Mickey Rourke, einem weiteren prägenden Darsteller der 1980er-Jahre. Rourke stand 1987 voll im Saft und seine Leinwandpräsenz wurde mit der eines Marlon Brando oder Humphrey Bogart verglichen. Rourke stellte sein außergewöhnliches darstellerisches Talent in den Jahren zuvor u.a. in dem Drama „Der Pate von Greenwich Village“ (1984) von Stuart Rosenberg, Michael Ciminos Thriller „Im Jahr des Drachen“ (1985) und Adrian Lynes schwülem Erotik-Reißer „9 1/2 Wochen“ von 1986, unter Beweis.

Im Jahr darauf engagierte ihn Alan Parker („Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses“, „Die Commitments“) dann für die Hauptrolle in seinem düsteren, stark bebilderten Noir-Krimi „Angel Heart“, einer Verfilmung des von William Hjortsberg verfassten Romans „Falling Angel“. Parker führte hier nicht nur Regie, sondern verfasste auch das Drehbuch. Rourke konnte in diesem Film noch einmal vollends überzeugen, ehe es mit seiner Karriere und mit ihm selbst ab den 90er-Jahren steil bergab ging. Bevor Drogen, Gesichtsoperationen, eine peinliche, kurze Karriere als Profiboxer sowie zweifelhafte Rollen in trashigen B-Movies sein Leben bestimmten, sieht man Rourke in „Angel Heart“ wohl auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens.

New York, 1955: Der heruntergekommene Privatdetektiv Harry Angel (Mickey Rourke) erhält den Auftrag, den seit 1943 als Soldat vermissten Schlagersänger Johnny Favorite ausfindig zu machen, der sich noch irgendwo aufhalten soll. Auftraggeber ist ein geheimnisvoller, mysteriöser Mann namens Louis Cyphre (Robert de Niro), der mit Favorite noch eine alte Rechnung zu begleichen hat. Der Fall entpuppt sich als Angels bis dahin gefährlichster: Den ersten Zeugen, den er in die Mangel nehmen will, findet er mit einer Kugel im Kopf. Auch zur ehemaligen Geliebten Favorites, einer ebenso attraktiven wie undurchsichtigen Wahrsagerin, kommt er zu spät. Bald entdeckt Angel: Die Menschen, mit denen er zu tun hat, hängen dem Voodoo-Kult und Okkultismus an. Und diejenigen, die ihm weiterhelfen können, sterben eines grausamen Todes. Die Spur zu Johnny Favorite wird immer blutiger, der Routinefall entwickelt sich zum Horrortrip. Und je weiter Angel bei seinen Recherchen kommt, desto näher rückt er der grausamen Wahrheit…

„Angel Heart“ kommt als beklemmender, spannender Psycho-Thriller mit großen Schauwerten daher. Harry Angels Recherchen führen ihn in den Süden der USA, in die Wiege des Jazz: nach Louisiana. Regisseur Alan Parker findet für Angels zermürbende Ermittlungen in der Hitze der Südstaaten die passenden Bilder: Mit der bevorzugten visuellen Technik des Film noir (hell-dunkel Einstellungen), sonnenlichtdurchfluteten Impressionen von New Orleans und körnigen Bildern von schwitzenden menschlichen Körpern gelingt Parker und seinem Kameramann Michael Seresin eine eindrucksvolle aber bedrückende Optik. Parker spickt seinen Film zudem gekonnt mit einer okkulten Spielart des Horror-Kinos. Geschickt und gezielt baut er Elemente aus dem Bereich des Okkultismus und der Voodoo-Religion mit in seinen Film ein, ohne sich darin zu verlieren und diesem „paranormalen“ und „mystischen“ Teil seiner Geschichte zu viel Raum zu geben. Denn im Mittelpunkt steht trotz aller okkulter Symbolik und schwarzer Magie immer und überall der Versuch eines Privatdetektivs, seinen Auftrag und damit einfach nur seinen Job zu erledigen. Den Schwachpunkt des Films bilden – neben einiger übertrieben in die Länge gezogener Szenen – die immer wieder aufkeimenden Logik-Löcher, an denen man sich allerdings nicht allzu sehr stören sollte, entbehrt der Plot von Beginn an doch jeglicher Logik. Die mitreißende und fesselnde Inszenierung Parkers gleicht dies jedoch wieder aus. Das Spiel der beiden Hauptdarsteller – Rourke und de Niro – ist über jeden Zweifel erhaben. Rourke verleiht seinem abgehalfterten Detektiv charakterliche und emotionale Tiefe, De Niros Cyphre ist undurchsichtig, abgründig und am Ende Grauen erregend.

„Angel Heart“ ist ein spannender, atmosphärischer Psycho-Thriller im Film noir-Stil, der seine Logik-Löcher und Längen mit seiner optischen Brillanz und der schauspielerischen Klasse von Rourke und De Niro stopft.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Darsteller:

  • Mickey Rourke
  • Robert De Niro
  • Lisa Bonet
  • Charlotte Rampling
  • Stocker Fontelieu
  • Brownie McGhee
  • Michael Higgins
  • Elizabeth Whitcraft
  • Eliott Keener
  • Charles Gordone
  • Dann Florek
  • Kathleen Wilhoite

Regie:
Alan Parker

Erscheinungsjahr:
1987

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