Am wilden Fluss Kritik

Die große Charaktermimin Meryl Streep versuchte von Anfang bis Mitte der Neunziger Jahre zu beweisen, dass sie nicht auf die Darstellung tragischer aber emotional starker Frauenfiguren festgelegt ist. Durch Filme wie „Kramer gegen Kramer“ (1979), „Silkwood“ (1983) und „Wolfsmilch“ (1987) bewies sie eindrucksvoll ihr Talent für die intensive Verkörperung dieser Frauenrollen. Bereits 1989 spielte sie eine Nebenrolle in der bissigen Komödie „Die Teufelin“, einem für sie bis dahin ungewohnten Genre. Nach ihrer hochgelobten Darstellung einer vom Schönheitswahn besessenen Schauspielerin in der rabenschwarzen Gesellschafts-Farce „Der Tod steht ihr gut“ von 1992, sorgte sie zwei Jahre später mit dem Actionfilm „Am wilden Fluss“ für einen erneuten Imagewandel. In Curtis Hansons exzellent besetztem Wildwasser-Thriller präsentierte sie sich zum ersten Mal in einem Actionfilm, der jedoch an seinem konventionellen und überraschungsarmen Plot scheiterte.

Regisseur Curtis Hanson hatte sich vor „Am wilden Fluss“ bereits einen Namen als Thrillerspezialist gemacht. Er inszenierte 1987 mit „Das Schlafzimmerfenster“ (in der Hauptrolle Steve Guttenberg) einen rundum gelungenen und von der Kritik gefeierten Suspense-Thriller, der sich durch seine geschickt getimten Spannungsmomente und die düstere Atmosphäre auszeichnete. An Spannung und Atmosphäre hätte „Am wilden Fluss“ hingegen deutlich mehr benötigt. Vielleicht lag es an Hansons nicht vorhandener Erfahrung in diesem Genre, weshalb er trotz eines namhaften Casts (Meryl Streep, Kevin Bacon, David Strathairn, John C. Reilly) und eines Budgets von fast 50 Millionen Dollar mit „Am wilden Fluss“ einen leider nur mittelmäßigen Actionfilm abliefern konnte – trotz einer Meryl Streep.

Die Story: Das New Yorker Ehepaar Gail (Meryl Streep) und Tom (David Strathairn) führt nicht gerade eine harmonische Ehe. Ständige Streitigkeiten und die wenige Zeit, die David neben seinem Beruf für die Familie bleibt, machen ein harmonisches Zusammenleben unmöglich. Da beschließt das Paar kurzerhand, gemeinsam mit Sohn Roarke eine Rafting-Tour auf einem Gebirgsfluss in Gails alter Heimat Idaho zu machen. Ein Versuch, die Familie wieder näher zu bringen. Was als harmonischer Familientrip beginnt, entwickelt sich jedoch bald zu einem echten Höllentrip: Zwei Gestrandete (Kevin Bacon, John C. Reilly), die Gail mit ins Boot nimmt, entpuppen sich als Raubmörder. Sie suchen einen Fluchtweg und zwingen Gail, eine lebensgefährliche Schlucht zu durchfahren…

„Am wilden Fluss“ ist der bis heute erste und einzige Actionfilm von Thriller-Spezialist Curtis Hanson. Das mag auch an dem gescheiterten Versuch liegen, sich mit diesem Film im Action-Genre zu etablieren. „Am wilden Fluss“ ist ein alles in allem zwar solide inszenierter und handwerklich gut umgesetzter Film mit gelungen und durchaus packenden Action-Szenen. Das größte Problem ist hier aber die allzu konventionell und dünn geratene Story, die mehr als nur einmal allseits bekannte Genre-Klischees bedient. So ist z.B. schon frühzeitig das Ende des Films ebenso vorhersehbar wie das Handeln und Denken aller Protagonisten zu jedem Zeitpunkt. Diese bleiben – einmal abgesehen von der Hauptfigur – zudem reichlich blass. Meryl Streep spielt auch in ihrem ersten Actionfilm wie gewohnt sehr überzeugend und glaubwürdig, kommt gegen die ihr vom Drehbuch auferlegten Klischees und Vorhersehbarkeiten jedoch auch mit ihrer intensiven Darstellung nicht an. Das große Plus des Films sind die realistischen Actionszenen, die am Kootenai River in Montana gedreht wurden. Die rasanten Schnitte sowie die hektische Kameraarbeit unterstützen hier gekonnt die ohnehin schweißtreibenden Action-Sequenzen, die im Übrigen von allen Darstellern zu großen Teilen selbst ausgeführt wurden.

„Am wilden Fluss“ überzeugt mit seinen packenden Action-Szenen und einer gewohnt souveränen Meryl Streep. Dies kann jedoch nicht über die allzu konventionell geratene Story und die allgegenwärtigen Genre-Klischees hinwegtäuschen.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Darsteller:

  • Meryl Streep
  • Joseph Mazzello
  • Stephanie Sawyer
  • David Strathairn
  • Elizabeth Hoffman
  • Victor Galloway
  • Diane Delano
  • Thomas F. Duffy
  • John C. Reilly
  • William Lucking
  • Benjamin Bratt
  • Kevin Bacon

Regie:
Curtis Hanson

Erscheinungsjahr:
1994

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